Obwohl Caravaning ein fester Bestandteil des Tourismus ist, scheint es häufig an gemeinsamen Konzepten in der Zusammenarbeit zwischen der Caravaning-Branche und den Touristikern zu fehlen. Aus diesem Grund hatten die Organisatoren im Rahmen der Leipziger Messe Touristik & Caravan zur „Zukunftswerkstatt Caravaning und Tourismus“ geladen. Mit dabei war Thomas Schröder von der Firma Schröder Stellplatzplanung.
Leipzig, 23.11.2023
Viele Camper – wenig Stellplätze?
Die stetig steigenden Verkaufzahlen von Reisemobilen und Wohnwagen in den letzten Jahren sorgten für einen starken Zuwachs im Reisemobiltourismus. Gleichzeit wächst die Kritik, dass mehr Anstrengungen in die Entwicklung der Infrastruktur, in diesem Fall speziell der Entwicklung von Stellplätzen gibt es vermehrt Kritik über die nur langsam ansteigende Zahl von Stellplätzen. Viele Camper sehen hier auch die Hersteller in der Pflicht. Doch wie ist die tatsächliche Situation? Die Podiumsdiskussion der Zukunftswerkstatt sollte hier Licht ins Dunkel bringen.
Stellplatz-Situation besser als erwartet
Roman Bauer hat als Geschäftsführer von meinPLATZ den direketen Draht zu vielen im Betrieb befindlichen Stellpläten. In der Zukunftswerkstatt berichtete er vom Ergebnis einer Befragung der Stellplatzbetreiber. Das Ergebnis war überraschend, denn entegegen der allgemeinen Behauptung sind die meisten Stellplätze nur in den seltensten Fällen ausgebucht. Die meisten Betreiber müssen an maximal zwei Tagen im Jahr Reisemobilisten abweisen. Anders sieht die Situation bei den Plätzen in Top-Lagen aus. So sind während der Sommerferien die norddeutschen Stellplätze in Strandnähe nicht nur während der Wochenenden ausgebucht. Wer hier nicht rechtzeitig reserviert, hat kaum eine Chance in der Hochsaison einen Platz zu ergattern. Dennoch macht es laut Stellplatzplaner Thomas Schröder wenig Sinn, hier in großem Umfang Stellplätze zu bauen. Damit die Plätze betriebswirtschaftlich tragfähig sind, bedarf es einer Auslastung von mindestens 40 Prozent während des gesamtes Jahres. Selbst bei einer hundertprozentigen Auslastung während der Sommerferien würde diese Quote nicht für den Rest des Jahres reichen. Im Gegenteil: Es bestände die Gefahr, dass dadurch alle Stellplätze nicht mehr tragfähig wären.
Digitalisierung als Chance
Eine große Chance sieht Roman Bauer in der Digitalisierung. Die Möglichkeit der Onlinebuchung von Stellplätzen bereits während der Reiseplanung bietet Sicherheit für die Reise und vermeidet den Frust, wenn Reisende wegen voller Auslastung abgewiesen werden müssen. Außerdem lassen sich so im Vorfeld Alternativen recherchieren. Besonderes Poteial sieht Bauer hier in der Künstlichen Intelligenz. Ist ein Reiseziel zum gewünschten Datum ausgebucht, könnte die KI alternative Reiseziele mit ähnlichem Erholungswert vorschlagen. So ließen sich die bereits vorhandenen Plätzen deutlich besser ausnutzen. Laut Thomas Schröder haben viele Betreiber leider noch nicht die Chancen der Digitalisierung erkannt. Selbst bei Neuplanungen gibt es hier einen großen Aufklärungsbedarf. Einig waren sich aber alle Teilnehmer der Diskussion, dass gerade beim Caravaning die Freiheit des Reisens eine große Rolle spielt. Daher empfiehlt Schröder den Platzbetreibern, nicht alle Plätze buchbar zu machen sondern ein Kontigent für spontane Gäste vorzuhalten.
Caravaning wird unterschätzt
In der touristischen Entwicklung einer Region oder eines Ortes steht das Caravaning oder oder der Bau von Stellplätzen häufig in direkter Konkurrenz zum Bau eines Hotels oder einer Ferienanlage. Dabei bevorzugen die Entscheider in der kommunalen Verwaltung bzw. den kommunalen Tourismusbüros ohne entsprechende Beratung üblicherweise die Hotelvariante. Ein großer Fehler wie Planer Thomas Schröder plausibel belegen konnte. Hoteliers versuchen die die Ausgaben der Gäste im Haus zu halten. Das geht von Restaurants über Sport- und Wellnessangebote bis zu hoteleigenen Geschäften. Entsprechend wenig Geld landet außerhalb der Ferienanlage. Völlig anders ist die Situation bei Touristen auf Stellplätzen. Zwischen 45 und 55 Euro gibt jeder Reisende durchschnittlich pro Tag vor Ort aus. Damit bringen Reisemobilisten Geld direkt in die Gemeinden, von den die regionalen Unternehmen profitieren. Dabei hat sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in den letzten Jahren stetig erhöht. Ein Grund sind die E-Bikes, die für viele Reisemobilisten mittlerweile zur Standardausrüstung gehören. Dadurch erhöht sich der Radius für Tagesausflüge deutlich und damit das touristische Angebot rund um den Stellplatz.
Fazit
Nicht nur die Zusammenarbeit zwischen Tourismusverbänden und Caravanern kann und sollte verbessert werden. Auch Radwege und Ladestationen für E-Bikes können nicht nur die Verkehrswende unterstützen sondern auch wertvolle Impulse für die touristische Entwicklung von Regionen geben.